Langel, seine Mühle und Höfe

Der rechtsrheinische Ort Langel – wohl zu unterscheiden von dem linksrheinischen am Rhein zwischen Köln und Neuß – liegt in einem familiengeschichtlich kaum beackerten Gebiet; am Rheinufer im Kreise Mülheim, früher zur Bürgermeisterei Wahn, jetzt zu der von Porz gehörig. Der Ort, noch heute ein in Ober- und Niederdorf gespaltenes, langes Straßendorf, und von Obstwiesen umsäumt, läuft dem Fluss parallel. Vom Verkehr ist er schon durch die große Rheinschleife, die hier beginnt, abgeschnitten. Die durchschnittlichen allgemeinen Berufe waren kleinbäuerliche Landwirtschaft und Fischerei, wovon sich der erstgenannte bis heute durchgesetzt hat, während die Fischerei sozusagen vollständig verschwunden ist, – wohlgemerkt, die Fischerei als Lebensunterhalt. Die abgeschiedene Lage gibt dem Ort ihr Für und Wider: sie bewahrte ihm zwar seine Eigenart, aber überlieferte uns auch wenig an Geschichte oder deren Dokumenten und Denkmälern.

Der Ort erscheint mit seiner Kirche bereits um 1300; diese wird 1326 der Abtei St. Pantaleon inkorporiert (Clemen, Kr. Mülheim, S. 96). Die alte Kirche, wie die neue dem heiligen Clemens geweiht, wich 1890 einem Neubau im üblichen „neu gotischen“ Stil. In der alten Kirche soll sich das Bornheimsche Wappen befunden haben (s. S. 192). Der alte Friedhof neben der Kirche wurde bereits 1870 durch einen neuen außerhalb des Ortes ersetzt. – Schon früh findet sich ein ritterliches Geschlecht zu Langel, das sich nach dem Ort benennt und nach dem gezinnten Querbalken im Schild zum Wappenkreis der Nesselrode gehörte, wie auch ein anderes im benachbarten Lülsdorf. Das Dorf gehörte zum Herzogtum Berg; 1250 soll die Familie Stael v. Holstein ihre Vogtei zu Langel dem Grafen von Berg als Sühneopfer abgetreten haben (Fahne: Forschungen auf d. Gebiet d. rhein. u. westfäl. Gesch. III, S. 29). Später findet sich die Familie mit dem gezinnten Querbalken, den übrigens auch die Stael v. Holstein führten, noch einige Male. Lag ihre Burg oder ihr Hof an der Stelle der heutigen Kirche? – Die Familie Bornheim war die in Langel verbreitetste; ihren zahlenmäßigen Höhepunkt erreichte sie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als Beweis dafür, wie sich die Bauerngeschlechter gesetzmäßig vermehren ohne auch nur annähernde Parallelen bei Familien anderer sozialer Stufen. Das wird hier zum Schicksal, bedenkt man solch rapide Verbreitung von einem einzigen Stammvater des 17. Jahrhunderts her, rheinauf- und rheinabwärts, zumeist auf dem rechten Stromufer, und erinnert man sich weiter der Tatsache, dass dies vielästige, mächtige Geschlecht in seinem Heimatdorf vor dem Erlöschen steht. Der große Anteil der Familie an der Bevölkerung mag an deren Zahl gemessen werden: 1792 wohnten in Langel 390 Katholiken und wohl keine Protestanten (W. Fabrizius z. Gesch. Atlas d. Rheinprov. H, S. 3IS); etwa 45 davon trugen den Namen Bornheim; 1831 bestand die nur Katholiken aufweisende Bevölkerung aus 530 Einwohnern mit 96 Feuerstellen, d. h. Wohnhäusern (übers. ü. d. Gebiets-Eintheilung d. Reg.-Bez. Cöln a. Schluß d. Jahres IS31, S. 55), die Zahl der Namensträger Bornheim blieb die gleiche; 1836 aus 564 Einwohnern (Fr. Restorff: Statist. Beschreib. d. kgl. preuß. Rheinprov., S. 3I 5), 1871 endlich aus 695 Einwohnern und 141 Häusern (D. Gemeinden u. Gutsbez. d. Rheinprov. u. ihre Bevölkerung n. d. Volkszähl. V. ISSI, S. II5), wovon nur 20 Bornheim heißen. Heute hat sich die Bevölkerungszahl nicht wesentlich erhöht, den Namen Bornheim führen nur noch 7 Familienmitglieder.

In Langel besaß das Kloster Dünnwald Ländereien, und die Repertorien der Klöster und Stifte Kölns nennen dort solche von den Klöstern St. Antonius, St. Apern, Johann und Cordula, Maria ad Gradus St.. Martin, von dem der Makkabaer und der Abtei Deutz. Nach meinen bisherigen Forschungen enthalten die Originale dieser Urkunden im Staatsarchiv Düsseldorf nie den Namen Bornheim. 1555 wird unter den 1616 Hofgerichten des Herzogtums Berg auch Langel als ein solches erwähnt (W. Ewald: Beitr. z. Rhein. Siegel- u. Wappenkunde, S. 11- 15);die Bornheim hatten hierbei das Schöffenamt inne. Die Urkunden des Klosters St. Pantaleon über dessen Langeler Besitzungen nennen keinmal den Namen Bornheim. Das deckt sich mit dem familiengeschichtlichen Befund: Vor dem 17. Jahrhundert waren die v. Bornheim nicht in Langel angesiedelt, wäre es anders gewesen, so würde sich ihre Name, später der angesehenste und ausgebreitetste des Dorfes, zweifellos urkundlich niedergeschlagen haben. Auch die Bestände des Amtes Porz versagen, wie die des Amtes Lülsdorf, und die ebenfalls in Düsseldorf liegenden Gerichtsbücher von 1625 oder die Einwohnerlisten der bergischen Ämter von 1666 und 1730 (Düsseldorfer Staatsarchiv), die nur wenige Personen als Vertreter ganzer Ämter, etwa in Art und Prinzip unserer heutigen Huldigungsadressen, aufzählen. Von den Kirchenbüchern als Quelle für die frühere Zeit kann gar keine Rede sein; regelmäßige Tauf-, Heirats- und Sterbebücher beginnen in Langel erst ab 1770 (ein Exemplar von 1770-1806 im Kölner Stadtarchiv). Nach zerfetzten Resten wurde dann etwa kurz nach 1800 ein Taufbuch der Pfarre von 1720-1770 zusammengestellt, heute ebenfalls im Pfarrarchiv, das sonst, außer einem Verzeichnis der Rosenkranzbruderschaften von 1770, nichts Wesentliches aufweist.

Gerade durch diese letzte Abschrift war indes nur die Stammtafel der Familie in Langel mit ihren frühen Zusammenhängen festzustellen, mögen dieser Abschrift auch einige Irrtümer unterlaufen sein. Die wichtigste Quelle für das 17. Jahrhundert wird noch besprochen werden. In Zukunft noch durchzusehen wäre das Archiv der Freiherren von Eltz-Rübenach auf Haus Wahn. Zu den früheren Besitzern dieser Burg soll nach Überlieferung in der älteren Langeler Linie ein Pacht Verhältnis bestanden haben. Tille (Obers. ü. d. kl. Ardlive d. Rheinprovinz) meldet keinen Anhalt dafür im Verzeichnis der Wahner Bestände. Jedoch weist die Patenschaft des „Herrn v. Schall“ – die Familie Schall v. Bell saß damals auf Wahn – bei Ferdinand B. (s. S. 148) ebenfalls daraufhin.

Das Archiv der Grafen Schall zu Wahn, jetzt Schall-Riaucour, ist verschollen (Nachrichtenblatt f. rhein. Heimatpflege, Jahrg. I, 1929130, H. 9/10, S. 39). Die auf Wahn bezüglichen Bestände der v. Eltz beginnen anscheinend erst ab 1785 (Tille), könnten jedoch Anhalte geben. Die Mühle zu Langel, seitab vom Niederdorf auf der höchsten Bodenschwelle mit Blick auf den Strom und die blauen Höhenrücken des Bergischen, des Siebengebirges und des Vorgebirges gelegen, muss sehr alt sein. Wenigstens war es die dort ehemals stehende, die einem Neubau, wohl aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, gewichen ist. Nach Mitteilung von Archivdirektor Dr. Lohmann (Erzbischöfl. Archiv, früher Pfarrer in Zündorf), bestand zwischen ihr und dem Pastor zu Oberzündorf, nach Langel der nächsten Ortschaft in der Nachbarschaft der Mühle, ein Abhängigkeitsverhältnis, denn bereits im 13. und 14. Jahrhundert musste der Langeler Müller diesem Pfarrer jährlich einen „Paschwecken“ (d. i. Knetwecken), so groß, wie er ihn in seinem Ofen backen konnte, liefern. 1822 war die Mühle kirchliches Eigentum; als solches erscheint sie am 13.5.1822 im Amtsblatt bei der Versteigerung kirchlichen Eigentums in Köln (Binterim u. Mooren „D. Erzdiözese Köln u. d. Kirchentrennung“, 11 S. 593). Zu der Mühle gehörte ein weiteres Privilegium: Die sieben Schöffen von Lülsdorf mussten sie, wie alle Nachbarn, im Bau halten (Gesch. d. Pfarr. d. Erzbist. Köln, Bd. 39, S. 4°5). Dies weist auf eine alte und besondere Vergünstigung hin, und es mag daher kurz auf die vergessene Bedeutung der Mühlen für den nieder rheinischen Kultur- und Geschichtsbereich hingewiesen werden.

Gelegentlich der Geschichte Liedbergs sind für die niederrheinische Windmühle allgemein verbindliche Feststellungen gemacht worden (vgl. J. Bremer, D. Kurköln. Amt Liedberg, S. 179 ff.). Nachdem in den Kreuzzügen die morgenländische Windmühle den Europäern zuerst bekannt wurde, deren Wassermühlen auf die Römer zurückgehen sollen, gelangten sie im endenden 14. Jahrhundert über Frankreich und England nach Deutschland. Zunächst war die Benutzung einer Windmühle beliebig; aus der Gewohnheit an eine bestimmte entwickelte sich, nach Bremer, jedoch ein Zwang. Die Mühle wurde zur Zwang oder Bannmühle, ihr entsprechender Bezirk zum Mühlenbann. Früh nützte man die Mühlen als Befestigungen aus. Beim Bau einer Mühle, den der Mühlenmeister besorgte, haben die Bewohner des Bannbezirks Dienste zu leisten -; in Langel erstreckte sich dieser Bezirk von Oberzündorf bis Lülsdorf, wie aus den zitierten Urkunden hervorgeht. Eine Mühlkarre fuhr rund, um das Gemahl der Nachbarn aufzunehmen; Weg und Zeit dieser Mühlkarre wurden jährlich am Hochgeding verlesen. Der Weg zur Mühle genoss als Mühlenweg einen besonderen Rechtsschutz – in Langel kann man wohl den Weg im Zuge der Heckgasse, wo auch die Wohnsitze der Familie Bornheim lagen, als einen solchen ansehen. Hier besitzt die Familie heute noch Ackerparzellen. Ließ jemand außerhalb seines Mühlbanns mahlen, so verlor er nicht nur sein Gemahl, sondern auch Pferd und Karre, außerdem musste er eine Geldstrafe entrichten. Dem Müller war zwar gestattet, auch Auswärtigen zu mahlen, jedoch hatte er zunächst seinen Bezirk zu versehen. In Liedberg musste der Betreffende seine Frucht drei Tage auf der Mühle liegen lassen. Wenn sie dann noch nicht gemahlen war, z. B. aus Mangel an Wind, durfte er sie anderswohin bringen. Das Mahlen geschah der Einlieferung entsprechend der Reihe nach.

Die Mühlsteine wurden auf dem Wasserwege von Andernach oder Niedermendig, wo die Steinqualität besonders günstig war, nach Köln geliefert, von wo sie dann weiter verschickt wurden; 1654 kostete ein Mühlstein dort die verhältnismäßig hohe Summe von 79 Reichstaler. In Liedberg betrug die Pacht des Müllers 115 Reichstaler, außerdem Naturalien. wie Gerste, Vieh usw., da der Müller zumeist dazu noch Landwirtschaft. wie auch die v. Bornheim. betrieb.

Von jedem Gemahl des Mahlzwanges durfte der Müller den sechzehnten Teil für sich behalten. Die Müller entwickelten sich meist zu einflussreichen Persönlichkeiten innerhalb ihrer Gemeinde und hatten deren Ehrenämter, wie die des Schöffens oder des Kirchmeisters inne, was sich auch bei unserer Familie findet. Im 18. Jahrhundert trat jedoch ein allgemeiner Niedergang des Berufes ein. Der verstärkte Anbau von Kartoffeln in Verbindung mit Eicheln als Viehfutter verdrängte Korn und Gerste. Hinzu kam die Einfuhr von Kaffee, wodurch der Handel und das Mahlen von Malz stark eingeschränkt wurden. Und wieder passt sich die Familie den Zeitströmungen an -. sie geht zu rein landwirtschaftlichen Berufen über. 1834 erscheint die Mühle noch einmal als Bornheimscher Besitz (s. S. 145), um dann in andere Hände zu geraten. 1878 starb der Urgroßvater des Verfassers Christian Bornheim, an einer inneren Verletzung, die ihm der Balken eines neuen Flügels zugefügt haben soll, der auf seinem Wagen zur Langeler Windmühle transportiert wurde (s. S. 156). In neuerer Zeit bemühte sich ein weiteres Mitglied der Familie erfolglos um die Wiedererwerbung der Mühle (s. S. 161). ein Bestreben. das heute noch einmal auftaucht. Delkenkamps „Panorama des Rheins“. um 1840 erschienen, zeigt die Langeler Mühle alleinstehend ohne Wohnhaus (zum Unterschied von dem heutigen Zustand).

Die Familie saß wohl immer auf ihren Höfen im Unterdorf, in der Heckgasse gelegen. Zwischen diesen und der Mühle breiteten sich auch Weingärten aus, wie es das genannte Panorama noch aufweist. Mit Wein zahlt 1798 Johann Bornheim auf Uferhof zu Langel (s. S. 172). Andere Äcker der Familie lagen und liegen jenseits der Mühle „im Ranzeler Feld“, auf Ranzel zu, wohl auch seit mehr als dreihundert Jahren. Auf dem sonst topographisch genauen Panorama wird die ‚Mühle als Bockmühle dargestellt. Sie dient darauf aber mehr als Zeichen und ist in Wirklichkeit eine steinerne Turmmühle, wie sie sich seit dem 16. Jahrhundert zum Unterschied von den hölzernen Turmmühlen durchsetzen.

Während des 19. Jahrhunderts erfuhr sie zeitweise eine Benutzung als optischer Telegraph. Mühlen waren in der Regel mit Schlössern verbunden. Sie lieferten dem Ritter die sichersten und reichsten Einkünfte und bestehen auch noch, wenn Burg und Schloss untergegangen sind (vgl. Fahne: Forschungen auf dem Gebiet d. rhein. u. westfäl. Geschichte. III. Abt. I, S. 5). Nach einer Mühle, bei der das Stammhaus lag, oder das sie sogar selbst bildete. nannte sich eine Linie der v. Plettenberg. die v. d. Moelen (Fahne. Bocholn I. Abt. 2, S. 142). Lag Burg Langel, wenn nicht neben der Kirche. so bei der Mühle? Im Besitz der v. Bornheim sind seit dem 12. Jahrhundert Mühlen bezeugt, vielleicht auch die Lange schräg gegenüber auf der anderen Rheinseite liegende zu Godorf (s. S. 21). Seit dem beginnenden 17. Jahrhundert finden sich gleich mehrere Familienmitglieder als Müller bis in das 19. Jahrhundert. mit dem Beruf also, der in den deutschen Märchen so häufig auftaucht, und dessen Träger „die guten und die bösen Müller“ so oft in ein eigenbrötlerisches Gewand der Einsamkeit gehüllt werden.

Wie sich im 16. Jahrhundert der Übergang zu diesem Stand allmählich vorbereitete, wurde bereits gesagt (s. S. 96). Einiges zur Statistik der Familie: Vom endenden zwölften Jahrhundert bis zum ausgehenden neunzehnten Jahrhundert saß sie insgesamt auf 13 Burgen und befestigten Sitzen, besaß in Köln mehr als 120 eigene Häuser und bewirtschaftete in Langel außer den kleineren Höfen 7 große. Dazu kamen 5 Mühlen. Auch die Höfe der Familie lagen bzw. liegen meist seitab des eigentlichen Hauptdorfes, in dem kleineren Nieder- oder Unterdorf, das ehemals nur aus ein paar Häusern bestand, zunächst der Mühle. Hier erhob sich der Kehrenhof, im Dialekt als Kierenhof oder „an der Kieren“ bezeichnet, weil er an einer Straßenecke (plattdeutsch „Kier“) gelegen war; seine Bewohner nannte man häufig einfach „die Kieren“. Die Großmutter des Verfassers beschrieb den Hof als einen langgestreckten Fachwerkbau (s. S. 156). Um 1870, als er bereits aus der Familie gekommen war, wich er einem öden Backsteinbau, der heute die Nummer 130 trägt. Einst sah er auf dem hohen Deich weit über den Strom; heute verstellen ein paar Schuppen auf der gegenüberliegenden Straßenseite den Blick. In den Erwähnungen des 17. Jahrhunderts heißt der Hof „Gräfrather Hof“; diesen Namen behält er bis zum 18. Jahrhundert neben dem des Kehrenhofs.

Es dürfte nach seinem mutmaßlichen Eigentümer, dem adeligen Frauenkloster Gräfrath bei Solingen, benannt sein. Da dieses 1803 aufgelöst wurde, kam das Gut 1822 zum Verkauf, wozu an Landbesitz 130 Morgen gehörten, was bei den günstigen Bodenverhältnissen, die eine ausgeprägte Kleinwirtschaft hervorruft, ein großer Hof zu nennen ist (Binterim u. Mooren H, S. 501; Handbuch des Erzbist. Köln 1933; Urkundenbestände d. ehern. Kl. Gräfrath im Staatsarchiv Düsseldorf, vgl. Nachrichten-Blatt f. rhein. Heimatpflege, Jahrg. I, 1923/30, H. 9/10, S. 26). 1823 erwarb die Familie Bornheim das Gut, das sie durch die Familie Wymar schon lange in Erbpacht hatte, als Eigentum. An dem Hof hing auch ein besonderer Sitz in der Kirche zu Langel, zu der die Familie seit dem 17. Jahrhundert durch Stiftungen in Beziehung steht, was noch an anderer Stelle von Bedeutung sein wird, auch für das soziale Niveau des Geschlechtes (s. S. 132, 136, 192).

In der Heckgasse lagen an anderen Höfen der Familie der Jungmüllershof oder Jungmühlenhof, bereits im 17. Jahrhundert in den Händen der Familie, später der verwandten Familie Immendorf gehörend (heute Nr. 150). Dann die Häuser Adam Bornheims und daneben das seines Sohnes Johann, † 1782, wohl identisch mit „Bottenbergs Gut“, dessen Lage im Langeier Rentbuch um 1770 so beschrieben wird: „oben im Dorf, wann man herunter auf die Kirch zugeht, ist das erste Haus rechter Hand oder nach Sonnenaufgang dorthin.“ Der gleiche erwarb 1776 Anteile an dem ebenfalls in der Heckgasse liegenden Kirchengut, das 1807 ganz in den Besitz der Familie übergeht und zweifellos mit dem noch heute ihr gehörigen Wohnsitz Nr.157 identisch ist. Schließlich wird auch der Bornheimsche Uferhof dort gelegen haben (1810 als Rheinufer Nr. 84 erwähnt), Sitz der dritten Hauptlinie. Wie die Hausnummer, so zwingt auch die Lage am Ufer zu einem solchen Schluss. Dazu kamen Weingärten und Acker in der anschließenden Au, d. h. am Rheinufer abwärts nach Zündorf hin. Die übrigen Ansiedlungen der Familie in der Heckgasse sollen bei den betreffenden Bewohnern selbst genannt werden.

Der. zweite Hauptsitz der Familie war der Hinterhof, im Dialekt Höngerhof genannt. Der große zweistöckige Fachwerkbau erhob sich im „hinteren“ Teil des Dorfes, an seinem Eingang und trug ehemals die Nummer 25. Heute befindet sich an seiner Stätte eine Gärtnerei, nahe der Kleinbahnhaltestelle. Dieses Gut erscheint im beginnenden 17. Jahrhundert zunächst als Bolandtshof, nach seinem Besitzer, der Kölner Bürgermeisterfamilie v. Bolandt. Margarethe v. Bolandt heiratete um die Mitte des Jahrhunderts einen v. Lyskirchen und brachte diesen Hof anscheinend mit in die Ehe, denn seit dieser Zeit heißt er Lyskirchener Hof. Um 1724 erscheint ein Hinterhalfe Wilhelm als Pate bei Damian Bebber, dem Gatten von Anna Eiffeler, wahrscheinlich einer Schwester von Gertrud Bornheim, geb. Eiffeler, deren Stiefsohn Gerhard Bornheim der erste Gutspächter auf Hinterhof aus unserer Familie war (s. S. 143). In diesem, Jahrhundert erlosch die Familie v. Lyskirchen, und als neuer Eigentümer des Hinterhofes erscheint ein Herr Eyberg. Dessen Familie war auf Haus Steinbreche ansässig. und stand zu dem nahen Bensberger Schloß in enger Beziehung. Aus ihr heiratete Franz Wilhelm Eyberg 1762 Anna Catharina Siegen, Erbin von Steinbreche und Tochter von Otto Siegen zu Iddelsfeld (Iddelsfelder Höfe bei Köln-Holweide) oder Eil (vgl. N. N. „Erinnerungen an die ausgestorbenen Familien Goudhaire, Siegen, Eyberg“ usw., Mülheim 1882). 1822 wird er, wiederum geistlicher Grundbesitz geworden, mit 144 Morgen Land verkauft. Und wie bei dem Kehrenhof so erwirbt auch hier der Pächter das Gut als Eigentum, nämlich Sebastian A. Bornheim. Durch seine Mutter, eine geborene Siegen, war er mit der Familie Eyberg verwandt, so dass seine Schwester Anna Catharina Immendorf geb. Bornheim mit ihrem Gatten Anspruche auf die Erbschaft Steinbreche (mit einem ertragreichen Kalkofen) erhob (Mitteilung der Familie Immendorf zu Langel). Wie beim Kehrenhof und dem Bottenbergs Gut gehörten auch zum Hinterhof besondere Kirchenplätze. Die Kinder einer Tochter Bornheim aus dem Hinterhof errichteten ihren Eltern ein Gedenkkreuz, dem ehemaligen Hof gegenüber, an einer Ecke des Wirtshofes, der seinen Namen wohl nach der ebenfalls mit uns verwandten Familie Wirts trägt. In Langel gab es ferner noch einen Stahlshof. Dazu kam der Sandhof, vorübergehend von Heinrich Bornheim bewirtschaftet (s. S. 148), vorher von der Familie Zündorf. Schließlich findet sich noch der Fronhof daselbst, der nahe der Kirche liegt. Als Eigentum des Kölner Pantaleonsklosters tritt er sehr früh auf und gelangt später an die Abtei Brauweiler. Das erste Langeler Schöffensiegel datiert vom 18.3.1556. Es zeigt im quergeteilten Schild oben den bergischen Löwen wachsend, unten das Brustbild des hl. Nikolaus, des Patrons von Brauweiler, dem der Fronhof lehnsrührig war (W. Ewald: Rhein. Siegel JII, Tafel 71, Nr. 10, Text S. 159). An diesem Hof hing zumeist die Schöffenwürde. Von der Familie Mülhens fiel er an die Familie Broicher, die ihn aus der Pacht zum Eigentum machte und sich ebenfalls mehrfach durch Heirat mit der Familie Bornheim verschwägerte.

In einer solchen rein bäuerlichen Umgebung erlangte die Familie Bornheim im 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Fast alle ihre Mitglieder waren Landwirte, drei Müller; als einziges Handwerk findet sich vereinzelt das des Schmiedes, wenn die Bindung an den Hof nachläßt. Die schöffenbare und freie Familie besitzt eigenen Grund und Boden neben gepachtetem. Nach Möglichkeit heiraten ihre Mitglieder Töchter und Söhne verwandter, bewährter Häuser; es finden sich etwa 40 Verwandtschaftsehen. Diesem konservativen Festhalten an ererbtem Stand und gewohnter Würde macht das 19. Jahrhundert fast in allen Zweigen ein Ende. Die hohe Durchschnittszahl der Kinder, die Lockung der nahen aufstrebenden Stadt, das Anschwellen der Industrie (den Landbesitz veräußert ein Sohn des Hinterhofer Zweiges, um das Kapital in einer eigenen Fabrik anzulegen) – all dies bewirkt den unablässigen Umschwung. Was Jahrhunderte hindurch gepachtet war, vermag oft als Eigentum nur wenige Jahrzehnte gehalten zu werden. Nur ein einziger Zweig zu Langel kauft rundum das auf, was seine Vettern so hastig abstoßen, und rundet einen Besitz ab, den er in unseren Tagen noch, seit drei Jahrhunderten nun, unter dem segenspendenden Pflug hat. Während der ganzen Zeit reißt die Verbindung mit Köln nicht ab, und über sie hinaus bewahrt sich die Tradition der ritterlichen Herkunft, indes die künstlerisch-patrizische vergessen wird.